
Wer eine Reise tut, kann viel erzählen. Und auch lernen. Das hier soll laut App eine Ladegelegenheit mit "3 Ladepunkten" sein. Von solchen kleineren Überraschungen abgesehen, verlief die knapp 5.000 Kilometer lange Europatour mit dem Tesla Model 3 jedoch erfreulich komplikationslos. Foto: Autor
Schon wieder ein Reisebericht? Wie toll und entspannend eine Reise im Tesla ist, kann man doch schon zur Genüge nachlesen? Stimmt! Deshalb stehen hier mehr die während der 4.889 Kilometer langen Reise mit dem Tesla Model 3 gemachten Erfahrungen und die daraus abgeleiteten Ideen im Mittelpunkt. Ganz vorne natürlich das Thema „Laden“. Die Reichweitenangst hat sich nach 3 Monaten Alltag an der heimischen Garage völlig verflüchtigt. Und auch auf dieser Fernreise ist sie völlig unbegründet.

Mehr Ladesäulen als Tankstellen
Man findet deutlich mehr Ladesäulen als Tankstellen. Nicht immer sind es Tesla Supercharger, es funktionieren auch für Tesla-Fahrer ungewöhnliche Ladesäulen. Das einzige was wirklich empfehlenswert ist: Man sollte ein Typ-2-Kabel dabeihaben. Es gibt nämlich einige Ladesäulen mit 11kW AC-Lader und ohne eigenes Kabel, die sich gerade vor Hotels oder Sehenswürdigkeiten wegen des reservierten Parkplatzes anbieten. Dort ist es dann u.U. empfehlenswert, die Ladeleistung zu reduzieren, weil nach dem Ende der Ladezeit Blockiergebühren anfallen können. Diese können aber auch unabhängig vom Ladestand nach Zeit anfallen, je nach Karte oder Standort. Man muss halt etwas aufpassen und lesen, was in anderen Ländern zugegebenermaßen nicht ganz leicht fällt.

Strom-Roaming erleichtern
Hier kommt die erste Idee: Die EU sollte nach dem Vorbild des Mobilfunks das Roaming erleichtern. Wie viel einfacher wäre es, wenn ich mit meinem heimischen Stromvertrag auch unterwegs an allen Ladesäulen laden könnte. Eine Preisstaffelung nach maximaler Ladeleistung wäre trotzdem denkbar.
Nächster Punkt: Jemand, der zum ersten Mal mit dem Tesla mitfährt, kann auf die Idee kommen, den Ladeport mittles Fingernagel aufzuziehen, statt mittels Druck auf die Klappe. In diesem Fall könnte die Klappe auch bei Zug automatisch auffahren. Das würde dem Eigentümer helfen, das Nervenkostüm zu schonen.
Beleuchtung des Fahrzeugs
Der nächste wichtige Punkt ist das Licht: Nicht das Fahrlicht, sondern die Beleuchtung im und des Fahrzeugs. Wenn man ein Ferienhaus abseits der geschlossenen Siedlungen hat, dann kann es schon einmal vorkommen, dass man nach den versenkten Klapp-Türgriffen des Tesla Model 3 tasten muss. Wenn Tesla hier die Lösung von AMP-Tech wenigstens in Bezug aufs Licht ab Werk einbauen würde, wäre das eine große Hilfe. Aber auch im Kofferraum ist die Standard-Beleuchtung sehr schwach. Dabei bietet es sich geradezu an, in der Nut des Querträgers einen LED-Streifen einzubauen und somit einen richtig hellen Kofferraum zu bekommen.
Licht in Frunk und Trunk
Das gleiche gilt für den Funk. Die Lampe dort ist so angebracht, dass sie gerne verdeckt wird, wenn der Frunk voll beladen ist. Die natürliche Beleuchtung kommt von oben und nicht von der Seite. Hier wäre es toll, wenn in der Haube des Frunks in der Nähe des Hakens eine starke Leuchte oder auch gerne gleich mehrere davon, angebracht wären. Auf dieser Reise wurde bei Bedarf dort eine kleine Arbeitsleuchte eingeklemmt. Das war schon sehr hilfreich und hat auch gleich noch den Einfüllstutzen für die Scheibenwaschanlage mit angestrahlt.
Eigenheiten des Tesla Autopiloten
Beim Fahren ist der Autopilot mit all seinen Helferlein sehr nützlich, wenn man sich an ein paar Eigenheiten mal gewöhnt hat und den eigenen Fahrstil darauf abstimmt. Manche Fahrer rollen z. B. gerne relativ dicht auf den Vordermann auf, bis sie dann die Überholspur einfädeln. Die Abstandsautomatik des Tesla (ACC) verzögert dann bereits, was das Einfädeln deutlich früher erfordert; ein Plus an Sicherheit. Es würde die Sicherheit noch weiter erhöhen, wenn die KI in der Lage wäre, nicht nur vor Hindernissen die Geschwindigkeit zu reduzieren, sondern generell bei verminderter Sicht, wie beispielsweise vor Kuppen oder im Nebel. Dort gilt idealerweise: Anhalteweg = halbe sichtbare Strecke. Die gleiche Regel würde auch helfen, die Tempomat-Geschwindigkeit vor engen Kurven zu reduzieren, was erstaunlicherweise manchmal passiert, des Öfteren jedoch leider unterbleibt. Im Bild kann man kaum 80km/h schnell fahren, der Tempomat erlaubt jedoch gnadenlos das Maximum von 150 km/h und fährt diese dann auch. Eine solche prädiktive Temporegelung gibt es bei vielen anderen Marken schon seit Jahren.
Licht-aus-Automatik im Nebel?
Hinzu kommt noch folgender Effekt: Fährt man bei Nacht los, so schaltet die Lichtautomatik das Licht korrekterweise ein. Kommt man dann in eine Nebelbank und registriert der Helligkeitssensor des Tesla viel Licht, so kann es vorkommen, dass trotz heftigem Nebel die Automatik das Licht bei ausreichender Helligkeit ausschaltet. Das ist nicht im Sinne des Fahrers und der anderen Verkehrsteilnehmer. Die Automatik sollte Nebel erkennen können und dann genau wie bei Dunkelheit das Licht anschalten. Als Sahnehäubchen könnte im Menü ganz oben die Nebelschlussleuchte als Option angeboten werden, ähnlich wie die Geschwindigkeitsreduzierung bei Regen.
Verbesserungspotenzial in der Navigation
Das eingebaute Navigationssystem des Tesla Model 3 leitet sicher zum Ziel, hat aber doch an einigen Stellen deutliches Verbesserungspotenzial. Das fängt mit ganz einfachen Dingen an. Wenn z. B. das Radio oder eine andere Audioquelle läuft, dann wird diese meistens nicht ausreichend in der Lautstärke abgesenkt um deutlich leiser als die Navigationsansage zu sein. Dreht man dann bei der Navigationsansage am Lautstärkeregler leiser, dann regelt man das Navi noch weiter runter und versteht gar nichts mehr. Man erkennt den Fehler und dreht wieder lauter. Ist dann die Navi-Ansage zufällig gerade vorbei, dann macht man das Radio noch lauter. Geradezu eine Regelkatastrophe, weil man intuitiv das Gegenteil dessen tut, was hilfreich wäre. Ideal wäre es, wenn die Navi-Stimme immer die aktuelle Lautstärke übernähme und alle anderen Quellen stummschalten würde, genau wie beim Telefonieren. Alternativ wäre ein Menüpunkt denkbar, wo man die Absenkung gegenüber der Stimme angeben kann, z.B. 50%, 80%, usw.
Darstellung der Abbiege-Empfehlungen
Darüber hinaus hat die Anzeige der Navigation ihre Tücken. Man kann umschalten zwischen vier Modi: Gesamte Strecke, Teilstrecke, nordweisend und Anzeige in Fahrtrichtung. Das Problem dabei ist, dass sich auch die Anzeige auf der linken Seite verändert. Gerade bei der Ansicht mit starkem Zoom (nordweisend oder in Fahrtrichtung), wäre es sehr hilfreich nicht nur die unmittelbar anstehende Fahrtrichtungsänderung angezeigt zu bekommen, sondern vielleicht auch noch ein paar weitere. Dann könnte man sich gerade im Stadtverkehr frühzeitig auf die entsprechende Spur einordnen. Leider sind beide Darstellungsformen (lange/kurze Liste, Kartendarstellungen) nicht unabhängig voneinander einstellbar, was sehr wünschenswert wäre.

Navigationsdarstellung auf der linken Bildschirmseite
Darüber hinaus kann die Fahrtrichtungsanzeige teilweise auf die linke Seite des Bildschirms wandern, z.B. wenn die Karte ganz vom Menü verdeckt wird. Diese Option der Darstellung wäre auch bei der normalen Kartenansicht sehr wünschenswert, weil die Darstellung des Verkehrs auf der linken Seite zwar hübsch anzusehen ist, aber oft keinen großen Mehrwert bietet. Eine unverdeckte Sicht auf die Karte hätte sicherlich den größeren Nutzen. Die Darstellung der Fahrtrichtungswechsel sollte also zumindest optional an die Stelle der Fahranimation wandern können.
Ausbleibende Navigations-Ansagen
Hinzu kommt noch eine komische Eigenheit der Ansage, bzw. deren Ausbleiben. Gerade an Gabelungen wie z. B. Autobahndreiecken unterbleibt eine Ansage manchmal, wenn kein Wechsel der Strassen-Nummerierung erfolgt. Allerdings kann das vor Ort sowohl der rechte als auch der linke Fahrstreifen sein. D. h. es wäre durchaus hilfreich, bei allen derartigen Stellen ein Hinweis auf die zu nutzenden Fahrspuren sowohl optisch anzuzeigen als auch diese anzusagen. Oft passiert das auch, aber leider eben nicht immer. Wenn man sich darauf verlässt, dann kann man schonmal verlassen sein.
ADAC Ladekarte und Maut-Helfer
Neben den Tesla Superchargern und dem Typ-2 Kabel waren auf der Stecke schlussendlich zwei weitere Dinge sehr hilfreich: Die Ladekarte von EnBW mit dem ADAC-Tarif und ein „bip&go“ zum einfachen bezahlen der Maut in Frankreich und Spanien. Auch in Portugal und Italien hätte dieses System funktioniert.
Integration des Maut-Senders in das Fahrzeug?
Schlussendlich wäre es noch hilfreich, wenn nach dem Vorbild des Homelink, auch der Mautabrechner „beep&go“ integriert werden könnte – warum nicht sogar inkl. einer Abrechnung über das Tesla-Konto, wie beim Laden durch die Supercharger.
Beschilderung der Supercharger vor Ort, Lage
Zum Abschluss noch ein Wort zu den Tesla Superchargern: Sie sind nicht immer einfach zu finden, trotz Karte. Eine deutliche Beschilderung vor Ort wäre oft sehr nützlich und hilfreich, vor allem wenn man in einen Hinterhof um das Hotel herum muss oder ähnliches. Es lohnt sich auch, auf eine App zu schauen und Ladesäulen Dritter in der Nähe zu suchen. Diese liegen oft viel günstiger an Einkaufszentren, Bäckereien oder ähnlichem. Nicht nur der Akku, auch der Magen will ab und an gefüllt werden. Das zieht dann den Wunsch nach sanitären Anlagen unweigerlich nach sich. Aber da bleiben ja immer noch die klassischen Rastanlagen. Ver- und Entsorgung für Pkw und Mensch sollten immer eine Einheit bilden. Dann wäre es perfekt. So ist es aber schon sehr, sehr gut und ein völlig problemloses Fernreisen mittels E-Mobilität ist schon jetzt absolut praktikabel, auch für Neulinge.
Sehr schöner Bericht mit guten Er-Fahrungen inkl. Licht und Schatten – Vielen Dank!
Bin selber auch ein Long Distance Stromer, weil wir seit einigen Jahren ein Haus an der türkischen Mittelmeerküste haben. Oneway (von Zürich) 2.850km. Bin 2019 zum ersten mal mit meinem MS gereist, was damals, zumindest für mich, noch etwas „challenging“ war… Dieses und letztes Jahr war es schon fast normal, auch deshalb, weil das SuC Netzwerk nun von Zürich bis 150 km vor die türkische Grenze reicht, womit sich das Ganze deutlich entspannter gestaltet.
Was ich gelernt habe ist, dass nicht nur das SuC Netzwerk unerreicht ist, aber noch viel mehr, dass Tesla als einziger wirkliches Plug&Charge beherrscht – einstöpseln und gut ist – nix mit Karte oder App rumfummeln bis zu Ärger und Frust.
Selbst ausserhalb des SuC Netzwerkes wurde ich (dank RFID Karten) nur ein einziges Mal mit einem Problem, in Form eines defekten Triplecharger in Serbien konfrontiert (komplette Säule war am A****) 😉
Appropos „Kabel dabei haben“: Im Frunk hab ich UMC1 Ladegerät mit Schukostecker, CEE Stecker, Typ 2 Ladekabel, ChaDEmo und CCS Adapter. Den „Notfall“ Variante Schukostecker hab bisher nur 1x gebraucht, funzte aber nicht, weil viele Bauten in der Türkei keine Erdung aufweisen (!?) und das macht der UMC1 nicht mit. Ich bin dann anderntags im Trekker Schleichtempo die letzten 60km bis zum nächsten Triplecharger geeiert und mit 2% angekommen 😉
Nächstes Jahr will ich mal nordwärts bis es nicht mehr weitergeht… genau, Nordkapp und zwar im Winter, sonst wärs ja zu easy… LOL
Vielen Dank fuer den Bericht. Ich habe soetwas neulich in „klein“ gemacht, einmal Hamburg – Tirol & zurueck. Ueberhapt kein Problem. Nebeneffekt: Mein Freund hat die Strecke in seinem RS6 Abt abgeritten und >360 EUR pro Richtung getankt. (war aber auch wopping 90 min frueher da) Ich hatte knapp 60 EUR auf der Uhr. Jetzt hat er sich einen Plaid bestellt 🙂
Mein Verbesserungsvorschlag ist, den SoC am naechsten Zwischenziel (z.B. SuC) permanent in die Navianzeige einzubinden, und nicht nur in der detaillierte Voranzeige, die dann mit der Gesamtuebersicht der Strecke gekoppelt ist. Ich habe kein Problem mit 0-1% Reichweite am SuC anzukommen, moechte das aber permanent im Auge haben, um die Geschwindigkeit anzupassen. Wenn man keine Sprachhinweise vom Navi haben will (ich kann das Gesabbel nicht ab) ist die Gesamtstreckenuebersicht fuer das reachtzeitige Abbiegen nicht wirklich hilfreich.
Wenn man zu schnell unterwegs ist, also der Verbrauch die Reichweite zu sehr drückt, dann kommt doch eine „Ansage“ in Form einer schriftlichen Einblendung man solle langsamer fahren?
Ja, stimmt. Allerdings ist die für mich ein wenig ungenau “unter 130 km/h fahren um Ziel zu erreichen” und zu konservativ.
Eigentlich ein Unding das es für Ladestationen keine weit sichtbaren Preistafeln gibt. Solange sich das nicht ändert wird auch die Elektromobilität nicht wahrgenommen oder gar ernst genommen.
Interessante Details was die Ausstattung betrifft, Tesla geht da seinen ganz eigenen Weg. Mit mehr Wettbewerb wird die sicherlich auch besser werden.
Navis, wehe dem der den Weg nicht kennt. 🤭
Ne Anzeige wie an Tanken könnt funktionieren.
Andererseits haben viele ja „ihren“ Tarif. Mit dem Wissen die eigentlich was sie zahlen…
Besser wäre es es würde im Navi angezeigt…
Oder wie es in Italien ist.. An der Autobahn stehen Anzeigen wieviel der Sprit bei den nächsten Stationen kostet…
Ich denke je mehr E unterwegs ist umso mehr Infos wird man bekommen… Schließlich wirds dann irgendwann Preise nach aktuellem Kurs geben…
Naja, auch Benzin fing nicht mit einheitlichen Preisen an, bis es unpraktisch würde, da Massengut. 😉
Die Preise der Supercharger sind im Navi ersichtlich, immerhin ein Anfang.
Die 3 Preise von meinem Tarif hab ich auch im Kopf. Ich bräuchte also nix…
Aber für adhoc Lader fände ichs gut